Profiteure der Krise – Wer verdient an der Erosion des Einzelhandels?

Nicht nur in den USA ist Essen zu gehen ein Trend. Die wachsende Mittelschicht weltweit geht gerne aus. Sie genießt ihr steigendes Einkommen.
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Die Krise des US-Einzelhandels kennt nicht nur Verlierer – sondern auch Gewinner. Dies sind Unternehmen die auf das veränderte Kundenverhalten eingehen. Dabei profitieren nicht nur die klassischen Online-Händler wie Amazon, sondern vor allem auch zwei Bereiche: Restaurants (Food Services and Drinking Places) und Fluggesellschaften. Denn die Amerikaner kaufen zwar weniger ein, als in der Vergangenheit, sie geben aber mehr Geld für Urlaub und Kurztrips aus. Und für Restaurantbesuche.

 

In den USA vollzieht sich derzeit eine regelrechte Kernschmelze eines ganzen Wirtschaftsbereichs – ein meltdown. Nein, diesmal ist es nicht das Finanzsystem dem der Kollaps droht wie vor neun Jahren. Es trifft vielmehr den Einzelhandel. Retail, wie die Amerikaner sagen.

„The Meltdown“ ist also im Kern „The Retail Meltdown“.

Im ersten Teil der Serie „The Meltdown“ ging es um die Gefahren, die Unternehmen mit einer besonders hohen Dividendenrendite für dich und dein Depot darstellen können. Denn Unternehmen die sich gerade in einem meltdown befinden, haben oft eine hohe Dividendenrendite – und sehen gerade für Anfänger auf den ersten Blick attraktiv aus.

Und wir haben zudem den ersten Profiteur des retail meltdown in den USA kennengelernt – AMAZON. Dass das Unternehmen von Jeff Bezos vom retail meltdown profitiert, das hätten wir uns denken können. Es lag gleichsam auf der Hand. Heute wirst du allerdings gleich drei weitere Nutznießer kennenlernen die weniger offensichtlich sind – und einen ganz spannenden Grund, der den retail meltdown möglicherweise mitverursacht hat.

Immer mehr Menschen gehen immer häufiger in Restaurants. (Bildquelle)

Der dritte Grund: Essen gehen und Reisen ist Fun

Der dritte Grund, weshalb es wichtig für dich sein kann, dass du dich mit dem Niedergang des retail beschäftigst, der hat es in sich. Er deutet auf eine grundsätzliche Veränderung des Ausgabeverhaltens amerikanischer Konsumenten hin. Da viele Veränderungen mit der Zeit auch in Europa und damit auch in Deutschland ankommen, finde ich diesen Punkt besonders spannend.

Denn der dritte Grund lautet: Lass uns heute essen gehen!

Dieser Trend hat sich schon seit einigen Jahren in den Statistiken der Konsumforscher niedergeschlagen. Hier kommt ein Chart mit den Ausgaben amerikanischer Verbraucher für Food Services and Drinking Places und für Retail in den vergangenen 40 Jahren.

Deutlich zu erkennen ist, das sich der Bereich Food Services and Drinking Places seit etwa 2008, also mit dem Beginn der schweren Rezession in den USA, eindeutig besser entwickelt hat als der Bereich Retail. Genauer: Er wuchs doppelt so stark.

Doch nicht nur Essengehen und etwas trinken ist heute angesagter als noch vor ein paar Jahren. Die Amerikaner reisen auch deutlich mehr. So hat der Flugverkehr in den USA mit 823 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erreicht. Vor acht Jahren waren das nur 700 Millionen.

Die Konsumenten wollen nicht mehr konsumieren

An der Krise der Einzelhändler in den USA ist also gar nicht alleine der Online-Handel schuld – es sind vielmehr die Verbraucher die mit den Füßen abstimmen. Fragt sich nur: Warum tun die Verbraucher das? Warum trinken sie seit ein paar Jahren lieber einen Cocktail in einer angesagten Bar oder essen Burritos bei CHIPOTLE MEXICAN GRILL, als sich bei SEARS eine neue Bluse zu kaufen? Eine mögliche Antwort auf diese Frage geben wiederum Konsumforscher.

Viele Menschen posten heute alles was sie tun auf Facebook oder Instagram – mit Foto. Somit stellt sich für sie immer öfter die Frage, was sich dort gut präsentieren lässt.

Ein Einkauf bei MACYS ist uncool – ein Besuch in einem Grill-Restaurant oder einer Bar mit angesagten Cocktails dagegen cool. Das zweite ergibt schöne Fotos auf Instagram. Und zwar sofort und auf der Stelle. Mit dem Smartphone haben wir heute eine tolle Digitalkamera stets dabei und einen Computer zum Hochladen von Bildern auch.

Die Grafik oben lässt sich deshalb auch so lesen: Als ein Siegeszug des Smartphones. Der begann zwar schon im Jahr 2007 mit der Präsentation des iPhone durch Steve Jobs. Dieser Siegeszug nahm dann aber erst nach und nach Fahrt auf. Und veränderte die Menschen und ihre Gewohnheiten.

So vertraut viele Nutzer heute auch mit Plattformen wie Instagram sind – es gibt sie erst seit 2010. Seit der Frühphase des Siegeszugs des Smartphones also. Das Smartphone erst hat Facebook und Instagram zu der heutigen Bedeutung verholfen. Einer der Gewinner dieser Entwicklung ist also einmal mehr FACEBOOK.

Wer hätte das gedacht!

Schon neulich bei der Frage nach den Profiteuren des Solarbooms erwies sich am Ende FACEBOOK als eine der interessantesten Aktien – weil das Unternehmen von einem leichtern Zugang von Menschen in Afrika und Asien zu elektrischem Strom massiv profitiert.

Beliebt ist, was schöne Bilder auf Instagram bringt. (Bildquelle)

Das alles kann eine weitere Erklärung für den retail meltdown sein. Das veränderte Verbraucherverhalten kann aber auch ganz andere Gründe haben.

Müssen Menschen denn unbedingt Freude an der fünften Jacke haben? Oder am zehnten Paar Schuhe? Klingt nicht wirklich sinnvoll. Und möglicherweise haben die Amerikaner das nach der Wirtschaftskrise auch aus ganz anderen Gründen so gesehen. Weil es vernünftiger ist. Weil es mehr Freude bereitet, mit der Familie eine gute Zeit zu haben, als sich etwas zu kaufen, was man ohnehin nicht wirklich braucht.

Verändertes Konsumenten-Verhalten

Was auch immer die Konsumenten zu ihrem neuen Verhalten bewogen hat – Veränderungen im Ausgabeverhalten können weder MACY’S noch J.C.PENNEY noch KOHLS noch Branchenprimus WALMART beeinflussten. Sie müssen sich vielmehr anpassen. Sie müssen auf die vielfältigen Herausforderungen reagieren:

# Sie versuchen, mehr im Internet zu verkaufen.

# Sie geben Standorte auf um so die Kosten zu senken.

# Sie vermieten Teile ihrer Verkaufsfläche an angesagte und zu ihnen passende Trend-Firmen aus den Bereichen Beauty, Styling und Fitness.

Chipotle Mexican Grill (Bildquelle: Mike Mozart, Flikr, CC by 2.0)

Der zweite Gewinner – Restaurants

Kommen wir zu den weiteren Gewinnern dieser veränderten Konsumgewohnheiten. Die finden sich im Bereich Food Services and Drinking Places, also genau da, wo die Konsumenten bei ihrer Abstimmung mit den Füßen hingegangen sind.

Meine erste Idee im Bereich Food Services and Drinking Places ist die Restaurantkette CHIPOTLE MEXICAN GRILL. Die Aktie ist seit vielen Jahren ein starker Wachstumswert. Das Unternehmen hat es im Laufe von 24 Jahren auf mehr als 1.900 Restaurants gebracht und seine Umsätze und Gewinne stets erhöhen können.

Dann warf eine Bakterien-Infektion (Escherichia coli) in mehreren Restaurants der Kette im Jahr 2015 die Firma für eine Weile aus der Bahn. Seit einiger Zeit geht es bei CHIPTOTLE allerdings wieder bergauf. Die letzten Quartalszahlen waren sehr gut. Ich habe CHIPOTLE daraufhin mit einer kleinen Summe den „besten Aktien“ hinzugefügt.

Neben Restaurants profitieren auch Küchenhersteller. (Bildquelle)

Und wer produziert eigentlich Küchen?

Nicht nur in den USA ist Essen zu gehen ein Trend. Die wachsende Mittelschicht weltweit geht gerne aus. Sie genießt ihr steigendes Einkommen. Restaurants müssen allerdings nicht nur einen Betreiber haben, was ein privater Unternehmer sein kann oder eine Restaurantkette. Sie brauchen auch eine Küche. Eine professionelle Küche.

Und wer liefert den Restaurants ihre Kücheneinrichtung?

Einer der größten Anbieter von professionellen Küchenlösungen weltweit ist die amerikanische Firma MIDDELBY. Der Chart von MIDDELBY über die letzten Jahre ist das genaue Gegenstück zu dem verstörenden meltdown bei MACY’S oder J.C.PENNEY.

Keine Frage – bei MIDDELBY boomt das Geschäft. Im letzten Jahr sind die Umsätze des Unternehmens um 24 Prozent gestiegen, der Gewinn je Aktie (EPS) sogar um stolze 48 Prozent. Beeindruckend.

Und noch ein Gewinner – Rational

Einer der wichtigsten Konkurrenten von MIDDELBY ist die deutsche Firma RATIONAL. Sie vertreibt Self Cocking Center, die auf Wunsch braten, backen, grillen, dünsten oder dampfgaren. Und das alles vollautomatisch durch Programme gesteuert. Ideal also zum Einsatz in Großküchen. Und in Restaurants.

Ein Blick auf den Aktienkurs von RATIONAL ist fast genauso erfreulich  wie bei MIDDELBY (+150% in fünf Jahren). Ein Blick in die Bilanz auch: Steigende Umsätze, steigende Gewinne – und eine steigende Dividende.

Fazit

Verstehst du jetzt, warum etwas (aus europäischer Sicht) so Langweiliges wie der retail meltdown mich so fasziniert hat?

Unser Ausflug zur Kernschmelze des amerikanischen Einzelhandels hat gleich vier gute Aktienideen hervorgebracht. Zusammen mit FACEBOOK sind es im Grunde sogar fünf Profiteure.

# Ich werde den großen Profiteur des Kampfes um die Herzen der Kunden (AMAZON) weiter im Depot halten. Keine Änderung nötig.

# Ich habe CHIPOTLE gekauft. Läuft das Investment gut, dann werde ich zukaufen.

# Ich habe MIDDELBY und RATIONAL auf meine Watchlist gesetzt. Beide Aktien sind klare Gewinner des weltweiten Trends zum Essen außer Haus. Auf den ersten Blick überzeugt mich die Bilanz von MIDDELBY mehr. Das Unternehmen hat das deutlich stärkere Wachstum. Gut möglich, dass ich die Aktie kaufe.

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DISCLAIMER: Dieser Artikel drückt meine persönlichen Ideen und Ansichten aus. Jede Information die ich verbreite stammt aus Quellen die ich für glaubwürdig und passend erachte. Ich erhalte keine finanzielle Kompensation für das Schreiben dieses Artikels. Ich ermutige alle Leser eigene Analysen durchzuführen bevor Investitionsentscheidungen getroffen werden.

Born2Invest Staff

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