Passionierte Fußballfans mögen in einer Fananleihe die perfekte Investitionsmöglichkeit sehen um sowohl den eigenen Verein zu stützen, als auch an den hohen Zinsen zu verdienen, doch Vorsicht ist geboten, allzu oft werden die hohen Risiken dieser Anlageform außer Acht gelassen. Einige Kriterien zur Bewertung der Investition können potenziellen Anlegern als Entscheidungshilfe dienen.
Was haben der MSV Duisburg, der HSV, der FC St. Pauli, der 1. FC Köln und der FC Schalke 04 gemeinsam?
Richtig! Sie spielen alle Fußball und sind bzw. waren in der Ersten Fußball Bundesliga. Aber sie alle haben sich in der Vergangenheit auch an dem Finanzierungsinstrument der Fananleihe bzw. der Stadionanleihe bedient. In diesem Beitrag möchte ich meine Einschätzung zu diesen Anleihen teilen sowie Kriterien, wie solche Anleihen bewertet werden können, übermitteln.
Was sind Stadionanleihen bzw. Fananleihen?
Anleihen sind fest verzinste Wertpapiere, vielleicht haben sie in Zeiten der hohen Zinsen von Staatsanleihen, Schatzbriefen, oder Unternehmensanleihen gehört. Genau das sind auch Fan-Anleihen bzw. Stadion-Anleihen. Nur ist hier der Schuldner, also die Person die sich das Geld leiht nicht ein Unternehmen oder ein Staat, sondern ein Fußballverein.
Der Fußballverein XY, oder seine ausgegliederte Profiabteilung als Kapitalgesellschaft, gibt eine Anleihe heraus und Fans dieses Vereins kaufen diese in der Regel.
Die Investoren erhalten ihre jährlichen Zinsen und nach einem Zeitraum X erhalten Sie ihre investierte Summe zurück.
Aktuell liegen die Zinsen bei diesen Anleihen bei:
St. Pauli im Jahr 2011: 6,00 %
1.FC Köln im Jahr 2016: 3,50 %
MSV Duisburg im Jahr 2014: 5,00 %
FC Schalke 04 im Jahr 2016: 4,25%-5,00% (Laufzeitabhängig)
HSV im Jahr 2016: 5%
Grob zusammengefasst 4%-6% je nach Verein und Laufzeit. Klingt auf den ersten Blick vermeintlich gut.
Hinzu kommt, dass die Vereine eine große Immobilie als Sicherheit hinterlegen, ihr Stadion. Daher auch der Begriff Stadionanleihe.
Aber vergleichen wir das ganze mit anderen Anleihen am Markt, nicht Staatsanleihen weil Vereine nicht mit einem Staat zu vergleichen sind, aber mit Unternehmen. Schauen wir uns die Anleihen von Dax-Konzernen an.
Commerzbank im Jahr 2017: 1,03%
Telekom im Jahr 2016: 0,4%
Siemens, BASF und Daimler zwischen 0,10% – 0,30%
Im Vergleich zu den Fananleihen sind das sehr niedrige Zinsen. Die Zinsen, folglich der Ertrag stehen immer im Verhältnis zum eingegangenen Risiko was bedeutet, dass Fananleihen und Stadionanleihen trotz der teuren Immobilie, die als Sicherheit hinterlegt wurde, als sehr risikoreich bewertet werden.
Stellt sich als nächstes die Frage, ob sie zu risikoreich, oder zu investorenfreundlich bewertet sind.
Spätestens jetzt sollte man die Fan-Brille ablegen und eine tiefergehende Analyse anstellen. Hier möchte ich einige Punkte aufzeigen die man bei der eigenen Bewertung mit einbeziehen sollte:
Zweck der Anleihe:
Wofür ein Verein die Anleihe braucht ist der erste Faktor wie man das ganze einordnen kann.
Eine Stadionsanierung ist bei entsprechender Auslastung eher mit einem niedrigen Risiko zu bewerten. Die Alarmglocken sollten aber läuten wenn Spielertransfers mit der Hoffnung auf eine Qualifikation in Europa, oder gar das Tagesgeschäft so finanziert werden soll.
Management:
Würden Sie den Vorständen des Vereins ihr Geld privat anvertrauen? Fragen Sie sich dies bitte ernsthaft. Das Management der Vereine ist für die wirtschaftliche Entwicklung des Vereines fast entscheidender als die Mannschaft, der Trainer und der Tabellenplatz.
Tabellenplatz:
Das Abschneiden in der Liga ist in meinen Augen kein gutes Kriterium bei der Bewertung. Die Saison 2016-2017 hat gezeigt, dass viele Vereine aus dem sicheren Mittelfeld bis zuletzt um den Verbleib in der Liga gespielt haben. Die Saison 2016-2017 hat uns auch gezeigt, wie der ehemalige Bundesligist SC Paderborn von der Bundesliga direkt in die 4. Liga weitergereicht wurde. Hätte dieser Verein nach dem Aufstieg eine Anleihe auf den Markt gebracht würde man jetzt sicher für diese Anleihe schwarz bzw. rote Zahlen sehen. Solide “Unternehmenszahlen” sind hier der verlässlichere Indikator, gerade auch bei schwankenden Plätzen in der Liga.
Die generellen Methoden der Bewertung wie eine Bilanzanalyse, oder eine Analyse der GuV sollten hier auch Berücksichtigt werden. Kann der Verein die Rückzahlung und die Zinsen aus seinem Gewinn stämmen? Nein? Dann sieht das ganze doch hoch unsicher aus und ist da der Verein, der den Zinssatz festgelegt vielleicht zu niedrig im Risiko Bewertet.
ABER ES GIBT DAS STADION ALS SICHERHEIT!
In meinen Augen ist ein Stadion auf dem Papier eine schöne Sicherheit, aber keine Sicherheit die man tatsächlich verwerten kann.
Man stelle sich das ganze mal vor. Der Verein XY kann aus diversen Gründen seine Anleihe nicht bedienen. Jetzt sucht man einen Käufer für die Sicherheit der Immobile bzw. das Stadion. Hier einen Käufer zu finden wird sich sehr wahrscheinlich als schwieriges Unterfangen herausstellen. Vor allem weiß dieser mögliche Käufer auch um die Notlage des Verkäufers. Wenn sich hier überhaupt jemanden finden lässt.
Fazit
Wenn die Vereine ihres Herzens das nächste mal eine Anleihe herausgeben und Sie sich die Frage stellen, ob Sie hier investieren, beschäftigen sie sich bitte vorher mit allen Rahmendaten und Vergleichen Sie welche Unternehmen aktuell vergleichbare Zinsen auf Anleihen zahlen.
Meine subjektive Meinung zu diesen Anleihen ist, dass ich sie als sehr riskant einschätze und bei vielen Vereinen der Zins recht niedrig angesetzt ist im Verhältnis zum Risiko.
Als privater Kleinanleger sollte man maximal mit kleinen Beträgen in diese Anleihen gehen und sich immer die Frage stellen, ob man Anleihen von Unternehmen kaufen würde, die vergleichbare Zinssätze haben.
DISCLAIMER: Dieser Artikel drückt meine persönlichen Ideen und Ansichten aus. Jede Information die ich verbreite stammt aus Quellen die ich für glaubwürdig und passend erachte. Ich erhalte weder eine finanzielle Kompensation für das Schreiben dieses Artikels, noch bin ich Anteilseigner einer der Firmen die ich erwähne. Ich ermutige alle Leser eigene Analysen durchzuführen bevor Investitionsentscheidungen getroffen werden.