Wachstumswerte

Dividendenaristokraten erhöhen ihre Dividenden in der Regel so lange es die Bilanz erlaubt. Also auch dann, wenn die Gewinne seit Jahren nicht mehr steigen oder sogar sinken.
Share on twitter
Share on whatsapp
Share on facebook
Share on email

Im ersten Teil der Serie ging es um die Definition der Wachstumsstrategie und warum diese für Buy-And-Hold Anleger sehr vielversprechend ist. Sie haben Wachstumswerte als Unternehmen kennengelernt, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass Sie den Gewinn langfristig steigern können. Die Wachstumsstrategie ist ein Investment in Wachstumswerte.

Stellt sich die Frage, wie Sie Wachstumswerte finden.

Sind Dividendenaristokraten automatisch Wachstumswerte?

Der Gedanke liegt nahe, dass Dividendenaristokraten auch Wachstumswerte sind. Schließlich definieren sich Dividendenaristokraten durch eine Steigerung der Dividende über mindestens 25 Jahre hinweg. Und wie soll eine steigende Dividende finanziert werden, wenn nicht durch steigenden Gewinn?

So logisch dies klingt, ist es dennoch falsch. Denn Dividendenaristokraten erhöhen ihre Dividenden in der Regel so lange es die Bilanz erlaubt. Also auch dann, wenn die Gewinne seit Jahren nicht mehr steigen oder sogar sinken. Ein Beispiel hierfür ist Exxon, deren Dividenden über Jahre weiter steigen, obwohl die Gewinne gesunken sind:

Eine unrühmliche Ausnahme? Eher nicht, wie die folgende List an Unternehmen zeigt, die seit Jahren die Dividende erhöhen oder wenigstens konstant halten, obwohl die Gewinne längst nicht mehr nachkommen. In der Regel liegt die Ausschüttungsquote dieser Unternehmen bei über 100 Prozent.

Dies ist nur die Spitze des Eisbergs, denn bei vielen Dividendenaristokraten klafft eine Schere auf zwischen Gewinn und ausgeschütteter Dividende. Selbst Lieblinge wie Procter & Gamble oder Nestle bleiben hiervon nicht verschont.

Je nachdem, wieviel Ausschüttungsmasse in der Bilanz steckt und wie hoch die aktuelle Dividende ist, kann ein Unternehmen eine Dividendenpolitik aus der Substanz über viele Jahre lang durchhalten. Da der entscheidende Kurstreiber jedoch steigende Unternehmensgewinne sind, werden Sie mit solchen Unternehmen auf Dauer keine gute Rendite erzielen. Der Status eines Dividendenaristokraten allein garantiert deshalb noch keinen Wachstumswert.

Wachstumswerte und klassische Aktienscreener

Wenn man von Dividendenaristokraten nicht auf Wachstumswerte schließen kann, so findet man Wachstumswerte vielleicht mit Hilfe der bekannten Aktienscreener?

Doch auch hier lautet die Antwort nein. Denn klassische Aktienscreener arbeiten mit statischen Kennzahlen, von denen die beliebtesten das KGV und die aktuelle Dividendenrendite sind. Diese Kennzahlen sind Schnappschüsse des Status Quo. Das KGV berücksichtigt den Gewinn zwar indirekt, erlaubt aber keine Aussage über die Gewinnentwicklung.

Zu allem Übel senden diese und andere Kennzahlen Fehlsignale, die zur Auswahl von Aktien mit schlechtem Kursverlauf führen können. Denn Unternehmen mit unterdurchschnittlichen Zukunftsaussichten sind tendenziell billig zu haben im Sinne eines niedrigen KGVs und glänzen oft durch eine hohe Dividendenrendite, mit der die Aktionäre bei Laune gehalten werden.

Besuchen Sie die bekannten Aktienscreener (Suchwort „Aktienfinder“ in Google) und schauen Sie sich die dort angebotenen Kennzahlen an. Sie werden keine Möglichkeit finden, gezielt nach Unternehmen mit langfristiger, konstanter Gewinnsteigerungen zu filtern.

Wachstumswerte messbar machen

Um Wachstumswerte gezielt aufzuspüren, müssen wir uns die Definition von Wachstumswerten messbar machen. Wenn sich Wachstumswerte durch langfristig und möglichst gleichmäßig steigende Gewinne über Jahre hinweg definieren, dann benötigen wir also Kennzahlen, die genau dies messen.

Diese Kennzahlen sind:

  • Der Steigerungsrate des Gewinns über mehrere Jahre
  • Der Korrelation (Gleichmäßigkeit) der Gewinnentwicklung über mehrere Jahre

Steigerungsrate

Die Steigerungsrate, oder auch Compound Annual Growth Rate (kurz: CAGR), ist in der Finanzwelt eine bekannte Größe. Hiermit kann die jährliche Gewinnsteigerung für einen definierten Zeitraum berechnet werden, beispielsweise die Gewinnsteigerung über einen Zeitraum von 10 Jahren.

Dies allein ist aber nicht ausreichend. Denn die Steigerungsrate berechnet sich ausschließlich unter der Verwendung von Anfangs- und Endwert. Schwankt der Unternehmensgewinn von Jahr zu Jahr, so verliert die Steigerungsrate ihre Aussagekraft und kann sogar in die Irre führen, wie im folgenden Beispiel für AT&T zu sehen:

Es wird zwei Mal die Steigerungsrate des Gewinns über 5 Jahre berechnet. Von 2010 – 2015 haben wir einen Rückgang von jährlich im Schnitt 6,7%. Katastrophal!

Im nächsten Abschnitt von 2011 – 2016 haben wir dagegen eine Steigerungsrate von 23,8%. Phantastisch!

Die Steigerungsrate allein ist bei schwankenden Gewinnen also nicht aussagekräftig. Es bedarf einer weiteren Kennzahl, die bestimmt, ob man sich auf die Steigerungsrate weitestgehend verlassen kann.

Korrelation

Die Korrelation sagt uns, wie konstant sich der Gewinn im Zeitverlauf entwickelt hat. Dabei reicht die Spanne von +1 bis -1. Eine 1 ist als wie eine am Lineal gezogene Linie zu verstehen. Führt die Linie nach oben (steigt also der Gewinn), ist die 1 positiv, andernfalls negativ. Eine 0 würde heißen, dass es keinen eindeutigen Trend gibt. Stellen Sie sich hier z.B. eine Sinuskurve (Welle) vor.

AT&T beispielsweise kommt auf einen Wert von +0.09.  Das heißt, dass es das Unternehmen im Zeitverlauf nicht geschafft hat, den Gewinn konstant zu erhöhen.

Nur wenn die Korrelation einen hohen Wert annimmt, kann man guten Gewissens mit der Steigerungsrate arbeiten. Dabei kann der hohe Korrelationswert (ebenso wie die Steigerungsraten) sowohl positiv als auch negativ sein.

Der Aktienfinder

Der Aktienfinder ist ein Aktienscreener speziell entwickelt für das Aufspüren von Wachstumswerten und beherrscht deshalb das Zusammenspiel von Korrelation und Steigerungsrate. Hier finden Sie Steigerungraten, Korrelationen und aggregierte Informationen, welche Steigerungsraten und Korrelationen von Gewinnen, aber auch von Dividenden, verarbeiten.

Angezeigt werden im Aktienfinder aber auch die kritisierten Kennzahlen wie KGV und aktuelle Dividendenrendite. Teils, weil dies Standard ist, und das Weglassen im ersten Moment negativ aufgefasst werden würde. Dies gilt insbesondere für das KGV. Teils aber auch, weil diese Kennzahlen zwar als Kaufkriterium zwischen unterschiedlichen Aktien schlecht geeignet sind, jedoch ihre Berechtigung haben können, wenn es um die Frage geht, ob eine einzelne Aktie zur eigenen Strategie passt. So könnte ein Pflichtkriterium für den Kauf einer Aktie lauten, dass die Aktie eine aktuelle Dividendenrendite von mindestens zwei Prozent aufweisen muss.

Zudem liefert Ihnen der Aktienfinder mit Hilfe der Charts ein genaues Bild über die langfristige Entwicklung eines Unternehmens. Sie können sich so rasch ihr eigenes Urteil über eine Aktie bilden und eventuelle Unschärfen, die jeder Ansatz mit sich bringt, selbst interpretieren.

Übrigens: das historische KGV im Chart beantwortet die Frage, wie „teuer“ der gerade ausgewählte Wachstumswert im historischen Kontext ist. Falls der Markt die Kurse beispielsweise sehr hoch getrieben hat, stellen Sie den Kauf möglicherweise zurück.

Warnung am Rande

Wie jeder Aktienscreener kann auch der Aktienfinder keine individuelle Analyse ersetzen, sondern dient „lediglich“ einer möglichst guten Vorauswahl. Es liegt deshalb an Ihnen, die Qualität des Unternehmens zu bestätigen. Hierfür bedarf es keiner Bilanzanalyse. Doch sollten Sie mindestens das Geschäftsmodel des Unternehmens verstehen und mit gesunden Menschenverstand versuchen zu beurteilen, ob weiteres Wachstum ihrer Meinung nach wahrscheinlich ist.

Fazit

Sie wissen nun, das Wachstumswerte für eine Buy-And-Hold-Strategie sehr vielversprechend sind und haben eine Möglichkeit kennen gelernt, Wachstumswerte zu quantifizieren und aufzuspüren. Im nächsten Artikel geht es um die Auswahl der für Sie passenden Wachstumsstrategie.

 

DISCLAIMER: Dieser Artikel drückt meine persönlichen Ideen und Ansichten aus. Jede Information die ich verbreite stammt aus Quellen die ich für glaubwürdig und passend erachte. Ich erhalte weder eine finanzielle Kompensation für das Schreiben dieses Artikels, noch bin ich Anteilseigner einer der Firmen die ich erwähne. Ich ermutige alle Leser eigene Analysen durchzuführen bevor Investitionsentscheidungen getroffen werden.

Born2Invest Staff

Born2Invest Staff

AKTUELLE ARTIKEL

Beliebte Artikel