Der Investor als Stillhalter. Risikoloser Turbo für ihr Depot?

Als Investor sollte man alle Risiken kennen und wissen, was man tut. So einfach, wie manche sich den Optionshandel vorstellen, ist dieser nämlich nicht.
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Wer hat noch nicht von den verlockenden Prämien gehört, die man für den Verkauf von Optionen auf Aktien bekommt? Je nachdem, welchen Artikel man liest, könnte man meinen, es handele sich um eine Art finanzielles Schlaraffenland. Irgendwo ganz weit weg in der Nähe von Derivatien.

 

Dieser Artikel ist die Einleitung einer kleinen Serie, in der wir uns mit der Frage beschäftigen, wie klassisches Buy-And-Hold und der Verkauf von Optionen zueinander passen. Lassen Sie uns im ersten Teil zunächst ein oft gezeichnetes Zerrbild skizzieren, um diesem dann eine realitätsnahere Betrachtung der Risiken gegenüber zu stellen.

Wunschbild…

Verkaufe ich einen Call (also das Recht, von mir Aktien für einen bestimmten Preis, der im Regelfall über dem aktuellen Kurs liegt, zu kaufen), so gewinne ich immer, denn:

  • Bei fallenden Kursen kassiere ich die Prämie, behalte die Aktien und stehe besser da als ohne Optionsverkauf
  • Bei seitwärts laufenden oder nur leicht steigenden Kursen kassiere ich die Prämie, behalte ebenfalls die Aktien und stehe auch besser da als ohne Optionsverkauf
  • Bei stark steigenden Kursen kassiere ich die Prämie, muss die Aktien verkaufen und erziele obendrauf sogar noch einen Kursgewinn

Ähnliches bei einem Put (also das Recht, mir Aktien für einen bestimmten Preis, der im Regelfall unterhalb des aktuellen Kurses liegt, zu verkaufen):

  • Bei fallenden Kursen kassiere ich die Prämie und kaufe die Aktien billiger als zum Zeitpunkt des Optionsverkaufs
  • Bei seitwärts laufenden oder nur leicht sinkenden Kursen kassiere ich die Prämie fürs Nichtstun, da ich die Aktien nicht kaufen muss
  • Bei stark steigenden Kursen kassiere ich die Prämie ebenfalls für Nichtstun, da ich auch hier keine Aktien kaufen muss

Also alles super – egal wie es läuft. Wenn man jetzt noch weiß, dass der Großteil der Optionskäufer institutionelle Anleger sind, verwundert es nicht länger, dass die meisten Fondsmanager den Index nicht zu schlagen in der Lage sind.

Oder… haben wir eine Kleinigkeit übersehen?

…und Wirklichkeit

Niedrige Prämien

Zunächst einmal sollten wir uns keinen Illusionen hingeben, dass die zu erzielenden Prämien zur kurzfristigen Verdoppelung des Vermögens führen. Zwar schwankt die Höhe der Prämie abhängig von der Volatilität des Basiswerts, der Laufzeit der Option sowie dem Strike (dem Kurs, ab dem die Option ins Geld läuft, sprich sich für den Käufer die Ausübung lohnt), doch liegt die Prämie in der Regel im niedrigen einstelligen Bereich oder noch darunter. Wenn es bei der Option um 5.000 € Marktwert geht, entspricht ein Prozent 50 € Prämie.

Davon ziehen Sie nun bitte noch die Gebühren ab. Je nach Broker sehr unterschiedlich zwischen weniger als einem Euro bis zu über 10 €.

Nun gut. Dann eben keine Millionen im Handumdrehen. Doch Kleinvieh macht auch Mist. Und schließlich gehen Sie kein Risiko ein. Haben wir ja oben bei der Aufzählung der verschiedenen Szenarion gesehen, oder?

Schauen wir uns auf der Suche nach den Risiken Call und Put getrennt an.

Auch ein entgangener Gewinn ist als Risiko einzukalkulieren. (Bildquelle)

Die Risiken beim Call

Entgangene Kursgewinne

Sie verpflichten sich für eine Prämie von 1 €, eine Aktie für 50 € zu verkaufen. Nun steigt der Aktienkurs auf 60 € an und Sie geben die Aktie für 50 € ab.

Einige Leute sagen, das sei kein Risiko, sondern lediglich entgangener Gewinn. Doch ich bin mir sicher, ärgern würden sich auch die.

Steuern

Dieses Thema tut dem langfristig ausgerichteten Investor so richtig weh. Auf Kursgewinne müssen Sie Abgeltungssteuer bezahlen. Fällig im Jahr der Veräußerung, also dann, wenn Sie wie im obigen Beispiel verkaufen mussten. Nu ja, halb so wild. Den Rest können Sie ja wieder investieren.

Nach mehreren Jahren Haltedauer haben sie hoffentlich Positionen mit deutlich über 100 Prozent im Plus. Da kommt schon was an Steuern zusammen. Und das alles für eine Prämie von vielleicht einem Prozent.

Zerstörung der Portfoliostruktur

Haben ihre Positionen ein ähnliches Gewicht? Haben Sie Branchen und Regionen berücksichtigt? Schade drum. Ein paar mal ausgeübt werden, und mit ihrem fein austarierten Portfolio ist es dahin.

Rückkauf mit Verlust

Um der Ausübung zu entgehen, können Sie versuchen, die Option zurück zu kaufen. In unserem Beispiel oben mit mehreren 100 Prozent Verlust, ist sie nun doch tief im Geld, wie man so schön sagt.

Die Risiken beim Put

Wenn an der Börse eine Aktie 45 € kostet, und Sie sind gezwungen, diese für 50 € zu kaufen, dann kann man das durchaus als Verlust ansehen. Auch wenn nicht realisiert.

Und falls nicht die kurzfristige Marktlaune für den Kurssturz verantwortlich ist, sondern ein unternehmensspezifischer Grund, z.B. eine Gewinnwarnung, dann werden Sie ihren Einstiegskurs so schnell nicht wieder sehen.

Allgemein:

Klumpenrisiko

Wenn Sie ausschließlich den Aktienmarkt veroptionieren, haben Sie ein Klumpenrisiko. Aktien haben es an sich, in steigenden Märkten zu steigen und in fallenden Märkten… Sie wissen Bescheid. Deshalb treten die Risiken in die ein oder andere Richtung stets gehäuft auf.

Ist der Markt in Feierlaune, verlieren Sie im Extremfall durch Ausübung ihr halbes Depot. Trägt der Markt Trauer, bekommen Sie massenhaft Positionen mit Buchverlusten eingebucht.

Fazit

Also besser die Finger von Optionen lassen? Nicht unbedingt, doch man sollte die Risiken kennen und wissen, was man tut. So einfach, wie es manche gerne hätten, ist es nämlich nicht.

Übrigens versuche ich mich als langfristig ausgerichteter Aktienanleger seit kurzem selbst im Verkauf von Optionen. Welche Fehler mir dabei unterlaufen und mehr finden Sie auf Wachstumswerte.net.

DISCLAIMER: Dieser Artikel drückt meine persönlichen Ideen und Ansichten aus. Jede Information die ich verbreite stammt aus Quellen die ich für glaubwürdig und passend erachte. Ich erhalte weder eine finanzielle Kompensation für das Schreiben dieses Artikels, noch bin ich Anteilseigner einer der Firmen die ich erwähne. Ich ermutige alle Leser eigene Analysen durchzuführen bevor Investitionsentscheidungen getroffen werden.

Born2Invest Staff

Born2Invest Staff

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