China – Zum ersten Mal in der Geschichte stellt die Weltbank fest, dass Chinas gesamtes Realeinkommen etwas höher ist als das der USA. Das International Comparison Program (ICP) der Weltbank hat am 19. Mai seine neuesten Messungen des Preisniveaus und des BIP in 176 Ländern veröffentlicht – und die Ergebnisse sind beeindruckend.
Zum ersten Mal stellt das ICP fest, dass das gesamte reale (inflationsbereinigte) Einkommen Chinas etwas höher ist als das der USA. In Kaufkraftparität (KKP) ausgedrückt, betrug Chinas BIP 2017 USD 19,617 tn, während das der USA bei USD 19,519 tn lag. Trotz der neu veröffentlichten Zahlen der Weltbank, liegen die USA aber immer noch in der entscheidenden Messgröße weit vor China.
Natürlich verändert sich das Bild komplett, wenn das Gesamteinkommen Chinas durch seine massive Bevölkerung geteilt wird. Obwohl das Pro-Kopf-Einkommen Chinas vor dem Ägyptens liegt, bleibt es weltweit im Mittelfeld, hinter Brasilien, Iran, Thailand und Mexiko.
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In jedem Fall haben die beiden Konzepte – Gesamteinkommen und Pro-Kopf-Einkommen – jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die Geopolitik, so dass man sie getrennt voneinander betrachten muss. China möchte in den Handelsabkommen wie ein Entwicklungsland behandelt werden, was die Zahl des Pro-Kopf-Einkommens des ICP darlegt. Aber wenn es um Machtpolitik und Chinas Einfluss in internationalen Institutionen geht, ist das Gesamteinkommen wichtiger.
Das ICP vergleicht Länder auf der Grundlage Kaufkraftparität (KKP), was bei der Berechnung des Pro-Kopf-Einkommens die richtige Methode wäre, bei der Bewertung der geopolitischen Macht jedoch potenziell problematisch sein kann. Bei der letztgenannten Frage wäre ein besserer Ansatz, die nationalen BIPs zu tatsächlichen Wechselkursen zu vergleichen. In diesem Fall stellt sich heraus, dass die US-Wirtschaft immer noch weit vor der chinesischen liegt.
Als die ICP vor sechs Jahren ihren letzten Bericht veröffentlichte, wurde in den Medien die Angst geschürt, das China in Kürze die führende Wirtschaftsmacht in der Welt wird. Die ICP Daten, die sich auf das Jahr 2011 bezogen, zeigten, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zu dem der USA rasch anstieg. Bald darauf wurde berichtet, dass der Übergang tatsächlich stattgefunden hatte, zumindest nach den nationalen Wachstumsstatistiken, die zwischen den sechsjährigen ICP-Benchmarks interpoliert wurden.
Aber auch hier beruhten diese Ergebnisse auf der Kaufparität. Das Problem, mit dem internationale Ökonomen vertraut sind, besteht darin, dass die chinesische und die US-amerikanische Produktion jeweils in der jeweiligen Landeswährung gemessen wird. Wie können die verschiedenen Währungen gewertet werden, damit sie vergleichbar sind?
Die naheliegende Lösung ist die Verwendung eines gleichseitigen Wechselkurses: Man multipliziert das in Yuan gemessene BIP Chinas mit dem Wechselkurs Dollar pro Yuan, so dass es in Dollar ausgedrückt wird. So gesehen ist die US-Wirtschaft (USD 19,519 tn) nach den neuesten Zahlen immer noch mehr als 50% größer als die chinesische (USD 12,144 tn).
Im Gegensatz dazu ist die Messung des BIP in KKP für den Vergleich des Lebensstandards besser geeignet, da sie die Tatsache berücksichtigt, dass viele Waren und Dienstleistungen in China billiger sind als in den USA. Im Allgemeinen geht ein in China ausgegebener Yuan viel weiter als ein im Ausland ausgegebener Yuan. Während einige international gehandelte Waren ähnliche Preise haben, sind Dinge wie Haarschnitte – eine Dienstleistung, die nicht ohne weiteres exportiert oder importiert werden kann – in China billiger als in den USA.
Die PPP-Daten haben viele Verwendungsmöglichkeiten, aber die Beurteilung der geopolitischen Macht gehört nicht dazu. Sie ist nicht hilfreich bei der Beantwortung der Hauptfrage, auf die sich die meisten Medienfixieren: wie Chinas wirtschaftliche Größe und Macht im Vergleich zu der der USA im breiteren Wettbewerb um die globale Vorherrschaft aussieht.
Dafür ist eine relevantere Überlegung z.B., wie viel Geld China dem Internationalen Währungsfonds und anderen multilateralen Organisationen zur Verfügung stellen kann und wie viel Stimmkraft es im Gegenzug erhalten sollte. Eine weitere Überlegung ist der Standpunkt anderer Länder mit rivalisierenden Ansprüchen im Südchinesischen Meer: Wie viele Schiffe kann China kaufen, bauen und einsetzen? Für diese und andere geopolitische Fragen ist es sinnvoller, sich auf Chinas BIP zu aktuellen Wechselkursen zu verlassen. Die Frage ist nicht, welche Kaufkraft chinesische Verbraucher haben, sondern was der Yuan auf den Weltmärkten Wert ist.
Gewiss kann darauf hingewiesen werden, dass der IWF selbst das BIP in KKP für bestimmte, sehr begrenzte Zwecke in seinem Weltwirtschaftsausblick darstellt. Aber der IWF nimmt zu der Frage, welche Volkswirtschaft größer ist, keine Stellung.
Am ehesten kommt er einer offiziellen Position mit seiner Formel nahe, die die Zuteilung von Quotenanteilen an die Mitgliedsländer regelt. Hier wird die Messung des BIP gewichtet, wobei 60% zu Marktwechselkursen und nur 40% zu KKP-Raten gezählt werden. (Der BIP-Index macht die Hälfte der Gesamtformel aus; andere Maße, wie die Handelsoffenheit, machen die andere Hälfte aus).
Der IWF nimmt die Höhe der Quoten ernst. Sollte China beispielsweise eine höhere Quote als die USA erreichen, müsste der Fonds laut Satzung seinen Sitz von Washington, DC, nach Peking verlegen. Zur Zeit hat China im IWF weit weniger Einfluss als die USA. Aber unter Präsident Donald Trump geben die USA ihren Einfluss in multilateralen Organisationen wie der Welthandelsorganisation, der Nato und der Weltgesundheitsorganisation auf (selbst mitten in einer Pandemie). Es sollte niemanden überraschen, dass China das Vakuum füllen wird.
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Den USA fehlt es nicht an der wirtschaftlichen und finanziellen Macht, um ihre 75-jährige Führungsrolle in der internationalen Ordnung aufrechtzuerhalten. Aber unter Trump haben sie vergessen, warum diese Führungsposition wichtig ist, und verlieren ihre Macht und ihren Ruf.
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